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Vor einigen Tagen las ich bei Radio Kaleidoscopia:
Es scheint Pflicht zu sein, oder zum guten Ton zu gehören, als rockmusikalische Institution irgendwann in der langen Karriere ein Album mit Coversongs zu veröffentlichen. Das kann mitunter schon mal in die Hose gehen, aber auch absolut ins Schwarze treffen. Wenn der 'Boss' so ein Album kredenzt, kann es eigentlich nicht schlecht sein. Im Gegenteil: Bruce Springsteen legt mit "Only The Strong Survive" zwar titelmässig eher eine ziemliche Plattitüde hin, die allerdings krass über den Inhalt hinwegtäuscht: Das ist nicht weniger als ein kleines Meisterwerk!...
Musik von Bruce Springsteen gehört bei mir seit 1978 (Darkness on the Edge of Town) zum festen Bestandteil meiner Plattensammlung, doch muss es wirklich ein Coveralbum sein? Zunächst stand ich der Sache sehr skeptisch gegenüber, zumal mich Veröffentlichungen wie diese eigentlich ärgern. Eine Doppel-LP mit drei bespielten Plattenseiten. Da hat sich meine Einstellung auch nicht geändert. Da hätten sich bestimmt noch vier bis fünf weitere Titel finden lassen, damit auch die vierte LP-Seite hätte bespielt werden können oder man hätte das Ganze reduziert und nur eine LP veröffentlicht, zumal mit dem LP-Untertitel „Vol. 1“ eine Fortsetzung zu erwarten sein wird.
Nun gut, letztendlich landete die LP doch in meinem Besitz und ich kann mich dem Reiz des Werkes einfach nicht entziehen. Soultracks, mögen sie auch noch so abgedroschen oder durchgehört sein, Bruce Springsteen verpasst ihnen einen Touch, der einfach aufhorchen lässt, der mich in den Bann dieses Werkes zieht. Allein die erste Plattenseite ist überzeugend. „Nightshift“ hat mich von den Commodores nie interessiert, mittlerweile liefen sogar deren LPs häufiger auf meinem Plattenteller, „Do I Love you (Indeed I do)“ ist ein richtiger Gute-Laune-Song. Zu „The Sun Ain´t Gonna Shine Anymore“ muss ich sowieso nicht mehr viel sagen.
Im weiteren Verlauf dieser enorm emotionalen Aufnahmen präsentiert Springsteen weniger bekannte Titel und egal, was er anpackt, es ist nichts peinlich, nein, es liegt so viel Herzblut drin, dass mir ein Gänsehautschauer nach dem anderen über den Rücken zieht. Musikalisch sind sämtliche Songs perfekt umgesetzt.
Für mich persönlich sind die besonderen Highlights dieses Werkes „Don´t Play That Song“ und „I Forgot To Be Your Lover“. Bei „Don´t Play...“ finde ich es schon faszinierend, wie Springsteen hier mit Aretha Franklin gleich zieht und bei „I Forgot To Be...“ freue ich mich darüber, dass Springsteen einen William Bell / Booker T.“ Song mit ausgewählt hat.
Ja ich gebe zu, meine anfängliche Zurückhaltung gegen dieses Werk war gänzlich unbegründet. Ganz im Gegenteil, der 73jährige wirkt hier als Jungbrunnen, bringt uns den Soul der 60er zurück in die Wohnzimmer und lässt uns von längst vergangenen Zeiten träumen und somit landet dieses Album auch in meiner persönlichen Jahresbestenliste auf dem zweiten Platz.
So weit so gut, denn damit hätte es diese LP auch auf den ersten Rang meiner persönlichen Bestenliste schaffen können, doch die Kritik an der unbespielten LP-Seite bleibt.