Die "Exile" ist tatsächlich mein Lieblings-Album der Stones, hab´ aber schon von vielen gehört, dass sie die insgesamt nicht so mögen. für mich wirkt sie aufgrund ihrer stilistischen Vielfalt wie ein eigener Kosmos, in den ich mich immer wieder gerne hineinziehen lasse. Von typischen Stones-Einheitsbrei-Nummern kann man, wenn man bedenkt, was danach kam, aber sicher schon sprechen, z.B. bei "All Down The Line". "Goats Head Soup" wird unterbewertet, da suchen sie durchaus nach neuen Ausdrucksformen, epochale Songs wie "Winter" beweisen das. Dafür wird meiner Meinung nach "Some Girls" völlig überbewertet, auch wenn ich sie habe und auch behalten werde. Die eine Hälfte ist gut, aber die andere besteht einfach nur aus dem Beschreiten längst ausgetretener Pfade.
Die psychedelischen Experimente der Stones gefallen mir tatsächlich besser als die der Beatles, weil sie düsterer sind und auch aufgrund dieses barocken Anklanges, der besonders durch das Cembalo erzeugt wird. Oder der Dulcimer in "Lady Jane", Wahnsinn!
Ich finde es aber interessant, wie unterschiedlich die Meinungen zum Gesamtwerk hier sind, für Alexboy z.B. war nach "Let It Bleed" schon Schluss.
Noch was zur Gigantomanie: Hab´ sie 2006 in Hannover und 2007 in Hamburg gesehen, beide Male teuer und beide Male ein absolut beschissener Sound. Vor knapp drei Jahren haben sie dann ja ihre Tournee in Hamburg eröffnet. Diese astronomische Preispolitik habe ich natürlich nicht mehr mitgemacht, aber vom Zaun aus zugehört. Der Sound war selbst von dort besser als bei den Konzerten, für die ich Tickets hatte. Nach einer Stunde gingen die ersten und das wurden dann immer mehr. Auf die Frage, wie sie´s fanden, kriegte ich zur Antwort: "Ja, war geil.", "Und warum geht ihr dann schon?", "Na ja, wir wollen die U-Bahn noch kriegen." Mit anderen Worten, das waren wieder nur Yuppies, die einmal dabei gewesen sein wollten. Und alle schön mit Zungen-Merch beladen. Ich hätte kotzen können. Und dass sie dann noch zwei Songs vom damals aktuellen Blues-Album spielten, komponiert von Männern, die bettelarm gestorben waren, während sie selbst ein Vermögen für das Konzert einfuhren... na ja. Machen viele, aber ich find´s halt irgendwie nicht richtig.