Klangqualität / Loudness-War

Der DR-Wert ist erstmal nur eine reine Kennzahl und muss im Kontext des Genres betrachtet werden (https://13db.de/mastering/lautheit-lautstaerke-loudness/dr-meter-restdynamik/), hier mal eine Infografik zum Bewertungsmaßstab:
Erst mal danke für den Beitrag und willkommen im Forum!

Ergänzen würde ich noch, was der DR-Wert im Prinzip ausssagt: Gemessen wird hier die "Dichte" in den lautesten 30% (wenn ich es richtig im Kopf habe) der Musik. Es geht also darum, wie stark die Lautstärke auf kurzen Zeitstrecken variiert, im Klartext oft: Wie sehr stechen die Drums (je nach Genre auch der Gesang) noch aus dem Gesamtmix hervor, und wie nah ist der Gesamteindruck am weißen Rauschen (durchgängig gleichbleibende Lauststärke).

Tatsächlich finde ich Joe Bonamassa CDs oft auch noch ok, sind halt genau in diesem Übergangsbereich. Ich habe hier Redemption von ihm sowohl als Vinyl als auch offiziellen MP3 Download - DR11 vs DR8. Habe schon viele Labels & Bands dazu angeschrieben, ob für Vinyl tatsächlich andere Master-files genommen werden und warum man dann diese nicht einfach auch für den digitalen Release nimmt...meist läuft man da ins Leere. Oft (nicht immer) klingt bei modernen Produktionen Vinyl also schon anders/besser, weil es unter Umständen ein anderes, nicht tot-komprimiertes Master ist. Bekanntes Beispiel dafür ist z.B. auch Vinyl vs. CD von Stadium Arcadium/Red Hot Chili Peppers.

Leider sind trotz Lautheitsnormalisierung auf YouTube, Spotify & Co. (eigentlich ein guter Ansatz) viele neue Releases immer noch so laut gemastert wie zu Hochzeiten des Loudness-Wars Ende der 90er/Anfang 2000er Jahre.
Bei Bonamassa stört mich vielleicht auch eher, dass die Mixe oft nicht sonderlich transparent klingen.
Vinyl ist zu digitalen Files nicht zu 100% vergleichbar, weil ja die Musik zunächst durch den Plattenspieler läuft, was wie ein Allpass-Filter wirkt - wenn man den auf CD/mp3 anwenden würde, wären die Werte auch höher. In vielen Fällen findet man Clipping, wenn es in den Files bereits drin ist, tatsächlich auch auf Vinyl - das braucht dann allerdings schon etwas Detektiveinsatz, denn aus "flach abgeschnittenen" Wellen werden "schräg abgeschnittene". Klingt nicht ganz so nervig, ist aber trotzdem nicht optimal. Die Fälle, in denen tatsächlich ein noch nicht limitiertes Master für die LP verwendet wurde, sind wohl deutlich seltener als gerne angenommen.

Was bei Vinyl allerdings gut ist: Beim Mastering werden oft die sehr tiefen Frequenzen weggeschnitten, und da konzentriert sich ja ein Großteil der "Energie". Diesen Effekt kann man aber auch selbst digital einstellen, ich hab das mal mit "Clockwork Angels" von Rush gemacht und einfach einen Highpass-Filter irgendwo unter 100 Hz angewendet. Klang gleich deutlich offener und angenehmer (und die Dynamikwerte sind nach oben geschnellt).
 
Wie oft angedroht, hier nun endlich mein langer und kritischer Text zu diesem Thema. Könnte genauso gut im allgemeinen Forum stehen, aber wenn man schon eine Hi-Fi-Ecke hat..

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hey, da spricht mir in Gänze jemand aus der Seele, nur mit Steven Wilson hab ich keine Erfahrung, irgendwie mag ich seine Musik nicht.
Ein tolles Beipsiel für eine dynamische Aufnahme ist für mich die alte Love over Gold von Dire Straits. Leider etwas verrauscht in der Originalaufnahme, aber wenn man da mal den Mittelteil von Private Investigations auf 12 dreht, dann erlebt man Dynamik. Wenn ich heute alte CDs nachkaufe die in meiner Sammlung noch fehlen, versuche ich immer welche zu bekommen, die noch nicht durch die remastering "aufgewertet" wurden.
Auch toll ist die alte Misplaced Childhood (auch rauschig aber geil) und, etwas neuer Queensryches Empire.
Aus eigener Erfahrung mit diversen Toningeneuren kann ich sagen, in der Theorie mögen alle Dynamik, in der Praxis drehen sie aber doch meistens gerne bis auf DR6 runter.
 
Zustimmung. Von meinen OneOdio Kopfhörer habe ich öfter geschwärmt. Unter anderem weil die die Flöhe husten hören. Was erschreckend ich mich teilweise über die extremen Lautstärkeschwankungen, wundere mich über Schluddrigkeit beim mastern und einiges mehr. Zurück on die Vergangenheit und da fallen mir ganz krass die US CD Versionen der ersten beiden Deep Purple LPs im Versuch diese als CD zu verhökern. Die wildeste Meeresbrandung war dagegen eine milde Brise. Led Zeppelin 1-4, mehr Schlampigkeit ging kaum noch. Da wurde der nachfolgende Titel schon in den ersten mit eingeblendet inklusive Rauschfahne. So gehört hat sich dann doch einiges gebessert, aber Perfektion gibt es nicht. Weder als Vinyl noch als CD.
 
Manchmal genieße ich "alte CDs" in ihren ursprünglichen, normalen, unverfälschten Aufnahmen, selbst wenn ich den Klang nicht als optimal einstufe.
 
Aus gegebenem Anlass hole ich diesen Faden mal wieder hoch. "Now and Then" ist sicher ein schöner "letzter Beatles-Song" geworden, der Mix ist aber - gelinde gesagt - Mist. Offenbar kann die Vinylsingle hier mal wieder punkten, und auch in Dolby Atmos hat das Stück mehr Platz zum Atmen (jedoch stimmt das Verhältnis mancher Spuren nicht mehr, wenn man den Atmos-Mix auf Stereo herunterrechnet).

 
Aus gegebenem Anlass hole ich diesen Faden mal wieder hoch. "Now and Then" ist sicher ein schöner "letzter Beatles-Song" geworden

Gehört, zur Kenntnis genommen, abgenickt (jo, ganz hübsch Johns Stimme nochmal zu hören), aber mehr fällt mir dazu nicht ein. Die letzte (CD)Single, die ich gekauft habe war Living In a Ghost Town von den Stones. Now and Then kaufe ich ganz sicher nicht.

Ob der Mix wirklich Mist ist, kann ich leider nicht beurteilen.
 
Jetzt behaupte bitte nicht, dass die Stones ihre Musik von Amateuren mastern lassen. ;)
Auch Profis können total ins Klo greifen, besonders wenn sie unter der Annahme arbeiten, dass "lauter = besser" gilt. Viele der schlimmsten Übeltäter des Loudness War sind Profis (Jon Astley, Stephen Marcussen, Ted Jensen und so weiter).

"Hackney Diamonds" ist von Matt Colton gemastert worden, der auch Steven Wilsons neues Album "The Harmony Codex" gemastert hat - und klanglich könnten die beiden Platten nicht weiter auseinander liegen. Daher vermute ich, dass der Schuldige anderswo zu finden ist. Vermutlich hat man das Stones-Album schon beim Stereomix plattgewalzt, und Colton konnte dann beim Mastering nichts mehr retten. Das ist heutzutage leider üblich und stellt auch die Frage, wofür Mastering eigentlich noch gut sein soll, wenn der Mixing-Engineer schon jegliche Dynamik weggequetscht hat - das war ja auch schon bei Metallicas "Death Magnetic" anscheinend der Fall.

Um das Problem mit "Now and Then" zu verdeutlichen, reicht übrigens ein Blick auf die Zahlen hier:


Der Song wurde sehr stark limitiert und dann (verglichen mit der Singleversion) deutlich leiser gemacht, damit er nicht doppelt so laut ist wie der Rest der CD (siehe RMS-Wert, der die durchschnittliche Lautstärke angibt - die Singleversion ist bei -6 dB, die auf dem neuen blauen Album bei -9 dB). Auf gut Deutsch: Die letzten vier dB bleiben auf der Compilation ungenutzt, obwohl das Stück viel besser klingen könnte, wenn sich da die Transienten (also Lautstärkespitzen von Schlagzeug o.ä.) abspielen könnten.

Totaler Quatsch, mit dem man alle Vorteile der digitalen Formate ad absurdum führt und einen neuen Song unabsichtlich schlechter klingen lässt als die Remixe der alten Stücke.
 
Auch Profis können total ins Klo greifen, besonders wenn sie unter der Annahme arbeiten, dass "lauter = besser" gilt. Viele der schlimmsten Übeltäter des Loudness War sind Profis (Jon Astley, Stephen Marcussen, Ted Jensen und so weiter).

"Hackney Diamonds" ist von Matt Colton gemastert worden, der auch Steven Wilsons neues Album "The Harmony Codex" gemastert hat - und klanglich könnten die beiden Platten nicht weiter auseinander liegen. Daher vermute ich, dass der Schuldige anderswo zu finden ist. Vermutlich hat man das Stones-Album schon beim Stereomix plattgewalzt, und Colton konnte dann beim Mastering nichts mehr retten. Das ist heutzutage leider üblich und stellt auch die Frage, wofür Mastering eigentlich noch gut sein soll, wenn der Mixing-Engineer schon jegliche Dynamik weggequetscht hat - das war ja auch schon bei Metallicas "Death Magnetic" anscheinend der Fall.

Um das Problem mit "Now and Then" zu verdeutlichen, reicht übrigens ein Blick auf die Zahlen hier:


Der Song wurde sehr stark limitiert und dann (verglichen mit der Singleversion) deutlich leiser gemacht, damit er nicht doppelt so laut ist wie der Rest der CD (siehe RMS-Wert, der die durchschnittliche Lautstärke angibt - die Singleversion ist bei -6 dB, die auf dem neuen blauen Album bei -9 dB). Auf gut Deutsch: Die letzten vier dB bleiben auf der Compilation ungenutzt, obwohl das Stück viel besser klingen könnte, wenn sich da die Transienten (also Lautstärkespitzen von Schlagzeug o.ä.) abspielen könnten.

Totaler Quatsch, mit dem man alle Vorteile der digitalen Formate ad absurdum führt und einen neuen Song unabsichtlich schlechter klingen lässt als die Remixe der alten Stücke.
Ich hab auch immer wieder mal Ärgernis deswegen. Wenn Alben musikalisch gut sind , aber die CD kaum hörbar ist. Als Beispiel auch bei mir das meist erwähnte "Death Magnetic" , "Humanicide" von Death Angel oder "A Different Kind of Truth" von Van Halen. Wenn Thrashmetal noch komprimiert wird tut es in meinen Ohren nur noch weh! Meine Frage: "Ist man mit Vinyl vor sowas gefeit?" Weil das für mich auch ein weiter Grund wäre, wieder mit Vinyl zu hantieren.
 
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Meine Frage: "Ist man mit Vinyl vor sowas gefeit?" Weil das für mich auch ein weiter Grund wäre, wieder mit Vinyl zu hantieren.
Teilweise ja, teilweise nein. Manchmal bekommt die Vinylausgabe tatsächlich ein weniger limitiertes Mastering. Oft ist es nur so, dass die LP besser klingt, weil der Cutting-Engineer Dinge macht wie übermäßigen Bass wegfiltern (was z.B. bei "Clockwork Angels" das Hauptproblem war), die man aber auch auf die CD anwenden kann. Und manchmal wird einfach nur das Digitalmaster auf die LP gepresst, was dann sogar schlechter klingen kann, weil eben noch die üblichen leichten Verzerrungen des Mediums zu einem bereits verzerrten Klang dazukommen.

Zu "Now and Then" hab ich hier noch eine Wortmeldung gefunden:

"So the released version has some peak limiting applied whereas the vinyl won’t but we know that’s typically a difference of around 0.5-1.5dB (ie - barely audible) and thus the (lossy only) Atmos mix is going to be the only way to hear the new single with dynamics intact.

Miles confirmed to me that the lack of dynamics were baked into the mix and approved by the band, producers and label."


Hier der Ursprungstweet dazu - Miles Showell ist derjenige, der die Vinylsingle geschnitten hat.
 
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