Das weite und facettenreiche Feld des
Contemporary Country ist für mich immer wieder ein wunderbarer Musikquell. Meine neueste Entdeckung ist
S.G. Goodman.
Wie so oft beim Hören von
MDR Kultur während einer Autofahrt aufgeschnappt. Ich hatte eigentlich gar nicht richtig zugehört, bis die Ankündigung "Supertramp" kam. Ah, dachte ich. Super, Supertramp. Dann erklang eine Frauenstimme. Was ist denn da los? Supertramp waren das bestimmt nicht. Also, schnell nach der Autofahrt nachgeforscht. Supertramp ist ein Song von ihrem Debütalbum.
Dazu kann man u.a. Folgendes lesen:
"Old Time Feeling" ist das erstaunliche Debütalbum von S.G. Goodman, der Musikerin aus Kentucky. Noch ist es ein Geheimtipp. Aber bald ganz sicher nicht mehr. Denn Goodman öffnet die Herzen vom ersten Ton an. Sie hat eine unglaublich traurige, melancholische Stimme, die aber auch positive und hoffnungsvolle Töne transportiert. Musikalisch gehört sie im weitesten Sinne dem Southern Rock an, also der Rockmusik mit den Wurzeln in Blues, Gospel, Country und Folk. Ihre große Kunst ist es, dieses Genre zu erweitern, zu personalisieren und zu erneuern.
S.G. Goodman ist auf dem Land groß geworden, ihre musikalische Erziehung fand in der Kirche statt. In ihrem 3.000-Seelenort gehörten die Kirchgänge zu den großen Ereignissen der Woche, erklärt sie: "Wenn ich nach meinen musikalischen Einflüssen gefragt werde, sage ich immer: Ich war schon als Kind dreimal die Woche auf einem Konzert. Die Art zu singen, die Melodien – da ist einiges vom Gottesdienst hängen geblieben."
Den Moment festhalten
Goodman kann einen Raum in minimaler Besetzung füllen – aber sie kann es auch rocken lassen. Manchmal hört man bei ihr Einflüsse von Sixties-Westcoast-Sound, Jefferson Airplane oder The Birds um Roger McGuinn heraus. Leicht finden sich zudem Neil-Young-Anklänge.
Gleichzeitig ist Goodman eine eigenständige Künstlerin, die keine Vergleiche zu scheuen braucht. Old Time Feeling ist eines der aufregendsten, aufwühlendsten Alben des Jahres aus den USA. Ein wunderbarer sprichwörtlich ungeschliffener Edelstein – was Goodman auch wichtig war:
Ich mag es nicht, wenn Musik zu poliert klingt. Ich will, dass man den Raum hört, in dem wir aufgenommen haben. Man hört, wie wir da rumpoltern. Es geht nicht um die Studiotechnik. Es geht darum, den Moment festzuhalten. Wenn du einen Song aufnimmst, hältst du ein Stück Zeit in einer Audio-Form fest.
S.G. Goodman
Kein Mainstream
Goodman leidet an Obsessive compulsive disorder (OCD), einer Zwangsstörung, die zu Angstzuständen führt. Kein leichtes Los. Aber vielleicht macht zumindest gerade das die spürbare Intensität ihrer Musik aus.
Ihr Debüt "Old Time Feeling" ist voller Nuancen und vielschichtig. Oft Country aber nie Mainstream. Geboren aus Folk-Traditionen aber auch elektrifiziert. Balladesk aber auch rebellisch.
Sieht für mich ganz nach Pflichtkauf aus.